45
zu überliefern. Die richterlichen Beamten haben den eines Ver-
gehens Angeklagten in Untersuchung zu nehmen und nach Befund
freizusprechen oder zu verurtheilen. Schwerere Vergehen aber, Ver-
brechen, werden unter dem Vorsitze königlicher Richter vor Schwur-
gerichten verhandelt, welche aus unbescholtenen Bürgern bestehen, die
Geschworene genannt werden. Die Geschworenen haben nach Fest-
stellung des Thatbestandes über den eines Verbrechens Angeklagten
ihr „Schuldig oder Nicht schuldig" auszusprechen, worauf alsdann
die richterliche Verurtheilung oder Freisprechung erfolgt. Zurauf-
bewahrung der verurtheilten Verbrecher dienen die Zuchthäuser. —
Die Obrigkeit im Staate soll dem Unrecht, dem Bösen, wehren
und bildet daher den Wehrstand im weitern Sinne; aber der Wehr-
stand im eigentlichen Sinne ist die bewaffnete Macht, das
Militair, die Armee oder das Kriegsheer, welches aus dem
stehenden Heere und aus der Landwehr besteht. Jeder wehr-
hafte Preuße gehört 7 Jahre lang, in der Regel vom vollendeten
20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, zum stehenden Heere —
und zwar die ersten 3 Jahre bei den Fahnen, die letzten 4 Jahre
in der Reserve — und die folgenden 5 Lebensjahre zur Landwehr.
Die Kriegs-Marine (Kriegsflotte) in der Nord- und Ostsee ist
dazu bestimmt, die Gewässer und Küsten, sowie den Seehandel
zu schützen. Der Kieler Hafen und der Jahdebusen sind zu
Kriegshäfen bestimmt. Die gesammte Land- und Seemacht ist
dazu da, den Staat gegen Angriffe äußerer Feinde, sowie
gegen Aufruhr und Empörung im Innern zu schützen.
6. Ihrer Religion nach sind die Bewohner des preußischen Staates
Christen; doch leben zerstreut unter diesen auch etwa 314,000 Juden.
Die Christen unterscheiden sich nach dem Bekenntnisse ihrer
Religion in Evangelische und Katholiken. Die Mehrzahl, fast
2/3 der Bevölkerung, bekennt sich zur evangelischen, und y3 zur
katholischen Religion. Die Rheinprovinz, Westphalen,
Schlesien und die Provinz Posen sind überwiegend von Katho-
liken, dagegen die Provinzen Sachsen, Hessen-Nassau, Han-
nover, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Pommern und
Preußen" vorherrschend von Evangelischen bewohnt. Juden
wohnen in allen Provinzen, die meisten aber in der Provinz Posen.
7. An der Spitze des preußischen Staates und der gesammtcn
Verwaltung desselben steht als Regent, Fürst oder Landesherr
der König von Preußen: Wilhelm I. Da der König seinen Sitz
oder seine Residenz in Berlin hat, so ist diese Stadt die Haupt-
oder Residenzstadt des Staates. — Aus dem bisher Gesagten ist
leicht einzusehen, welch eine große bürgerliche Gesellschaft ein Staat
ist, und daß ein solcher unmöglich von einem Einzelnen, dem Könige
allein, verwaltet werden kann: und eben deswegen sind die im Vor-
hergehenden genannten Veranstaltungen und Beamten des
Staates nöthig, die alle ihre Amtsgewalt im Namen des Königs aus-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Sachsen Hessen-Nassau Schleswig-Holstein Brandenburg Pommern Posen Berlin
Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
40
Des Deutschen Reiches Verfassung.
8 61.
und wenig anmutig. Hier und da gibt es mit Geröll überlagerte Strecken.
In den Flußniederungen ziehen sich häufig lange Snmpfvertiefungen hin;
sie werden in Bayern Möser (Einzahl — Moos), in Schwaben Riede
genannt. Sie sind für den Ackerbau ganz unbrauchbar. Die Dörfer sind
sehr weitläufig angelegt. Im Donautal lagert guter Boden, der viel Ge-
treide liefert. — Im Maingebiet ist das Klima mild. Am untern Main
und in der Pfalz wird Wein gebaut. Die Bewohner (Franken) zeigen
hier mehr Kunstsinn und Gewerbfleiß als die der Bayrischen Hochebene.
Sie sind zum Teil evangelisch. — In ganz Bayern ist die Viehzucht bedeutend,
besonders in den Alpengegenden. Das Nationalgewerbe ist die Bierbrauerei.
Nürnberger Spielwaren und Berchtesgadener Schnitzereien in Holz und
Horn erfreuen sich eines Weltrufes. Der Handel ist lebhaft, besonders in
Nürnberg und Augsburg. In München, Erlangen, Wiirzburg sind Uni-
versitäten. Mehr als % der Bewohner bekennen sich zur römisch-katholischen
Kirche.
München, Hptst., an der Isar, 500 000 E., mit herrlichen Bauwerken, Univers.,
viele Bierbrauereien. In der Nahe ist die Ruhmeshalle, in der die Büsten berühmter
Bayern aufbewahrt werden. Augsburg, am Lech, 90 000 E., bedeut. Hdlst. In ihr die
Fuggerei, d. i. eine Straße von 50 Häusern, in denen arme, rechtschaffene Leute umsonst
Wohnung haben. Die Fuggerei hat ihren Namen von einem Augsburger Handelsherrn,
Fugger genannt, der so reich war, daß er an Kaiser Geld leihen konnte. In der Nähe
das Lechfeld, wo Otto I. 955 die Ungarn schlug. Ingolstadt, starke Festg. Regens-
burg. In der Nähe die Walhalla, ein Marmortempel mit den Bildsäulen berühmter
deutscher Männer. Pas sän, schön gelegen an der Mündung des Inn, durch eine Feste
geschützt. Würuöerg, a. d. Pegnitz, 260 000 E., erste Handels- und Fabrikstadt Bayerns.
„Nürnberger Tand geht durchs ganze Land." Nürnberg hat die altertümliche Bauart
großenteils treu bewahrt. An dem obern Stockwerk der Häuser sieht man viele zierliche
Erker und Ecktürmchen, am untern überdeckte Säulengänge, Lauben genannt. Die Häuser
schauen mit dem Giebel nach der Straße hin und sind mit kunstvollem Schnitzwerk geziert.
Auf einem Felsen in der Stadt ragt die kaiserliche Burg hervor, von welcher die Mark
Brandenburg ihre ersten Hohenzollern erhielt. Im 15. und 16. Jahrhundert lebten hier
Hans Sachs, Dürer, Bischer u. a. Fürth, gewerbreich. Erlangen, evang. Uni-
versität. Bayreuth, fabriktätig. Bamberg, bedeutende Gärtnereien. Würzburg,
Universität. Kis singen, Badeort. — In Rheinbayern liegen: Spei er und Kaisers-
lautern. Speier war eine Zeitlang Begräbnisplatz der deutschen Kaiser.
§ 61. .Des Deutschen Ziciches Umfassung. a. Der König von Preußen ist deut-
scher Erb-Kaiser. Seine Residenz ist Berlin. Er ist der Kriegsherr und oberste Führer
aller deutschen Armeen. Die Gesetze werden von dem Bundesrate und dem Reichstage
beraten und festgestellt, vom Kaiser, wenn er sic bestätigt, verkündigt. Der Bundesrat
besteht aus den Abgesandten der deutschen Regierungen. An der Spitze des Bundesrats
steht der Reichskanzler. Die Mitglieder des Reichstags wählt das Volk. Je 100 000 Einw.
wählen einen Abgeordneten für einen Zeitranni von 5 Jahren. Wahlberechtigt ist jeder
Deutsche nach vollendetem 25. Jahre. Die Wahl erfolgt unmittelbar durch Abgabe ge-
schlossener Stimmzettel. — Der Bundesrat und der Reichstag halten ihre Versammlungen
in Berlin ab. — b. Das Reich hat eine gemeinsame Kriegsmacht, welche unter dem
Kaiser steht. Sie zerfällt in das Landheer und in die Seemacht (Kriegsmarine). Das
Landheer besteht aus Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Pionieren und Train-Kolonnen.
Auch sind besondere Abteilungen zum Krankendienste, sowie für Eisenbahn-, Luftschiff-
fahrt- und Telegraphen-Verwaltung bestimmt. Zur Kavallerie gehört die leichte Reiterei
(Husaren und Dragoner) und die schwere Reiterei (Ulanen und Kürassiere); neuerdings ist
die gesamte Kavallerie mit Lanzen bewaffnet. Die Artillerie zerfällt in Festungs- und
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Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§62.
Rückblick auf das Deutsche Reich.
41
Feld-Abteilungen. Bei letzteren gibt es auch Batterien, deren Mannschaften beritten sind.
Die Pioniere haben Brücken zu bauen, Minen zu graben und Schanzen herzustellen. Die
Train-Kolonnen versorgen die Truppen mit Nahrung und Schießbedarf. Kiel und Wil-
helmshaven sind Reichskriegshäfen. Unter dem Schutze des Reiches stehen alle deutschen
Handelsschiffe. Man erkennt sie an der gemeinsamen Flagge; ihre Farben sind schwarz-
weiß-rot. — Jeder wehrfähige Deutsche ist bis zum 45. Lebensjahre wehrpflichtig. Die
aktive Dienstpflicht dauert für die Mannschaften der Kavallerie und der reitenden Feld-
Artillerie 3, für alle übrigen Mannschaften 2 Jahre, und die Reservepflicht für jene 4, für
diese 5 Jahre. Nachher gehört der Soldat bis zum vollendeten 39. Lebensjahre der Land-
wehr an. — Zum Landsturm, der nur in Fällen größter Not einberufen werden kann,
zählen alle Wehrpflichtigen, auch wenn sie nicht gedient haben. — Auf Grund eines „Be-
rechtigungsscheines" können junge Leute von Bildung ihrer Dienstpflicht in einem Jahre
genügen (Einjährig-Freiwillige). Sie haben im Frieden für Wohnung, Bekleidung, Ver-
pflegung selbst zu sorgen. — e. Die Postanstalten und Telegraphen der einzelnen Bundes-
staaten mit Ausnahme von Bayern stehen unter der Verwaltung des Reiches und sind
kaiserlich. Auch gemeinsame Maße, Gewichte und Münzen sind im ganzen Reiche einge-
führt. Dadurch und durch die Aufhebung der Ein- und Ausgangszölle ist der Verkehr
zwischen den emzelnen Staaten sehr erleichtert.
§ 62. Wückbkick auf das Deutsche Weich. a. Das Deutsche Reich umfaßt etwa
540 000 qkm. Reihenfolge der deutschen Einzelstaatcn nach dem Flächeninhalt in qkm:
1. Preußen. .
2. Bayern . .
3. Württemberg
4. Baden . .
5. Sachsen. .
6. Elsaß-Lothringen
7. Mecklenburg-
Schwerin . .
8. Hessen........
9. Oldenburg. . .
350 000
76 000
19 500
15 000
15 000
14 500
13 160
7 700
6 400
10. Braunschweig . 3 700
11. Sachsen-Weimar 3 600
12. Mecklenbnrg-
Strelitz . . . 3 000
13. S.-Meiningen . 2 500
14. Anhalt .... 2300
15. S.-Cobnrg-Gotha 2 000
16. S.-Altenburg. . 1300
17. Lippe.........1 200
18. Waldeck.... 1100
19. Schwarzbnrg-Ru-
dolstadt.... 940
20. Schwarzbnrg-Son-
dershausen . . 860
21. Reuß jüngere Linie 830
22. Hamburg .... 410
23. Schaumburg-Lippe 340
24. Reuß ältere Linie 320
25. Lübeck............300
26. Bremen............250
Die deutschen Besitzungen in fremden Erdteilen siehe ß 110.
I). Deutschland hat 5673 Mill. E. Die Deutschen (etwa 52 Mill.) scheiden sich ihrer
Mundart (Dialekt) nach in Oberdeutsche (im S.) und Nieder- oder Plattdeutsche (im N.).
Als Schriftsprache und Sprache der Gebildeten ist seit dem 16. Jahrhundert das Hoch-
deutsche im Gebrauch. Die Nichtdeutschen wohnen hauptsächlich in den Grenzgegenden,
seltener in sogenannten Sprachinseln: Polen in Oberschlesien, Posen, Westpreußen; mit
ihnen verwandt sind die Masuren in Ostpreußen, die Kassuben in Westprcußcn, die
Wenden zu beiden Seiten der Spree von Bautzen bis nördl. von Kottbus. Litauer
wohnen in Ostpreußen, Dänen in Schleswig, Franzosen in Elsaß-Lothringen, Wal-
lonen in der Rheinprovinz. — Fast 2/3 der Bevölkerung sind protestantisch, etwas mehr
als 73 römisch-katholisch; gegen 100 000 gehören andern Konfessionen an. Die Zahl der
Juden beträgt etwa 600 000. Der N. ist vorwiegend protestantisch; nur im O., wo die
Polen stark vertreten sind, im W. um Trier, Cöln, Münster, Paderborn und teilweise in
Süddeutschland überwiegen die Katholiken. Protestantisch sind seit der Zeit der Reformation
geblieben die Gebiete von Ansbach, Bayreuth, Nürnberg, Württemberg, Hessen-Darm-
stadt, Pfalz. Juden wohnen besonders in Berlin, in den polnischen Gegenden, ferner in
Elsaß-Lothringen, um Speier, Mainz, Würzburg und Bamberg. •— Im norddeutschen
Flachlande beträgt die Dichtigkeit im Durchschnitt 55 E. auf 1 qkm; doch sind manche
Strecken weit schwächer bevölkert, so die Seenplatten des nördlichen Landrückens, die Moor-
gegenden, die Eifel, das Sauerland, der Spreewald u. a.; andere Gebiete wiederum sind
bedeutend dichter bewohnt, so besonders die Marschen und sonstige fruchtbare Gegenden.
Zu den am dichtesten bewohnten Gegenden Deutschlands gehören der Nordrand der deutschen
Mittelgebirge von Oberschlesien bis nach Westfalen hinein, und das ganze Rheingebiet, sowie
das Neckartal. Hier beträgt die Volksdichtigkcit zwischen 150 — 250 Bewohner auf 1 qkm.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
Hrsg.: Steinweller, F., Sieber, Hermann, Paust, J. G., Rohn, R. A.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§62.
Rückblick auf das Deutsche Reich.
41
Feld-Abteilungen. Bei letzteren gibt es auch Batterien, deren Mannschaften beritten sind.
Die Pioniere haben Brücken zu bauen, Minen zu graben und Schanzen herzustellen. Die
Train-Kolonnen versorgen die Truppen mit Nahrung und Schießbedarf. Kiel und Wil-
helmshaven sind Reichskriegshäfen. Unter dem Schutze des Reiches stehen alle deutschen
Handelsschiffe. Man erkennt sie an der gemeinsamen Flagge; ihre Farben sind schwarz-
weiß-rot. — Jeder wehrfähige Deutsche ist bis zum 45. Lebensjahre wehrpflichtig. Die
aktive Dienstpflicht dauert für die Mannschaften der Kavallerie und der reitenden Feld-
Artillerie 3, für alle übrigen Mannschaften 2 Jahre, und die Reservepflicht für jene 4, für
diese 5 Jahre. Nachher gehört der Soldat bis zum vollendeten 39. Lebensjahre der Land-
wehr an. — Zum Landsturm, der nur in Fällen größter Not einberufen werden kann,
zählen alle Wehrpflichtigen, auch wenn sie nicht gedient haben. — Auf Grund eines „Be-
rechtigungsscheines" können junge Leute von Bildung ihrer Dienstpflicht in einem Jahre
genügen (Einjährig-Freiwillige). Sie haben im Frieden für Wohnung, Bekleidung, Ver-
pflegung selbst zu sorgen. — c. Die Postanstalten und Telegraphen der einzelnen Bundes-
staaten mit Ausnahme von Bayern stehen unter der Verwaltung des Reiches und sind
kaiserlich. Auch gemeinsame Maße, Gewichte und Münzen sind im ganzen Reiche einge-
führt. Dadurch und durch die Aufhebung der Ein- und Ausgangszölle ist der Verkehr
zwischen den einzelnen Staaten sehr erleichtert.
8 62. Rückblick auf das Deutsche Weich. a. Das Deutsche Reich umfaßt etwa
540 000 qkra. Reihenfolge der deutschen Einzelstaatcn nach dem Flächeninhalt in qkm:
1. Preußen. . . . 350 000 10. Braunschweig . 3 700 19. Schwarzbnrg-Ru-
2. Bayern .... 76 000 11. Sachsen-Weimar 3 600 dolstadt.... 940
3. Württemberg. . 19 500 12. Mecklenburg- 20. Schwarzburg-Son-
4. Baden .... 15 000 Strelitz . . . 3 000 dershansen . . 860
5. Sachsen.... 15 000 13. S.-Meiningen . 2 500 21. Reuß jüngere Linie 830
6. Elsaß-Lothringen 14 500 14. Anhalt .... 2 300 22. Hamburg .... 410
7. Mecklenburg- 15. S.-Coburg-Gotha 2 000 23. Schaumburg-Lippe 340
Schwerin . . 13 160 16. S.-Altenburg. . 1300 24. Reuß ältere Linie 320
8. Hessen 7 700 17. Lippe 1200 25. Lübeck
9. Oldenburg . . . 6 400 18. Waldeck.... 1100 26. Bremen 250
Die deutschen Besitzungen in fremden Erdteilen siehe s 110.
d. Deutschland hat 56^/z Mill. E. Die Deutschen (etwa 52 Mill.) scheiden sich ihrer
Mundart (Dialekt) nach in Oberdeutsche (im S.) und Nieder- oder Plattdeutsche (in: N.).
Als Schriftsprache und Sprache der Gebildeten ist seit dem 16. Jahrhundert das Hoch-
deutsche im Gebrauch. Die Nichtdeutschen wohnen hauptsächlich in den Grenzgegenden,
seltener in sogenannten Sprachinseln: Polen in Oberschlesien, Posen, Westpreußen; mit
ihnen verwandt sind die Masuren in Ostpreußen, die Kassuben in Westpreußen, die
Wenden zu beiden Seiten der Spree von Bautzen bis nördl. von Kottbus. Litauer
wohnen in Ostpreußen, Dänen in Schleswig, Franzosen in Elsaß-Lothringen, Wal-
lonen in der Rheinprovinz. — Fast % der Bevölkerung sind protestantisch, etwas mehr
als l/z römisch-katholisch; gegen 100 000 gehören andern Konfessionen an. Die Zahl der
Juden betrügt etwa 600 000. Der N. ist vorwiegend protestantisch; nur im O., wo die
Polen stark vertreten sind, im W. um Trier, Cöln, Münster, Paderborn und teilweise in
Süddeutschland überwiegen die Katholiken. Protestantisch sind seit der Zeit der Reformation
geblieben die Gebiete von Ansbach, Bayreuth, Nürnberg, Württemberg, Hessen-Darm-
stadt, Pfalz. Juden wohnen besonders in Berlin, in den polnischen Gegenden, ferner in
Elsaß-Lothringen, um Speier, Mainz, Würzburg und Bamberg. — Im norddeutschen
Flachlande beträgt die Dichtigkeit im Durchschnitt 55 E. auf 1 qkm; doch sind manche
Strecken weit schwächer bevölkert, so die Seenplatten des nördlichen Landrückens, die Moor-
gegenden, die Eifel, das Sauerland, der Spreewald n. a.; andere Gebiete wiederum sind
bedeutend dichter bewohnt, so besonders die Marschen und sonstige fruchtbare Gegenden.
Zu den am dichtesten bewohnten Gegenden Deutschlands gehören der Nordrand der deutschen
Mittelgebirge von Oberschlesien bis nach Westfalen hinein, und das ganze Rheingebiet, sowie
das Neckartal. Hier beträgt die Volksdichtigkeit zwischen 150—250 Bewohner auf 1 qkm.
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Hrsg.: Steinweller, F., Sieber, Hermann, Paust, J. G., Rohn, R. A.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
40
Des Deutschen Reiches Verfassung.
§61.
und wenig anmutig. Hier und da gibt es mit Geröll überlagerte Strecken.
In den Flußniederungen ziehen sich häufig lange Sumpfvertiefungen hin;
sie werden in Bayern Möser (Einzahl = Moos), in Schwaben Riede
genannt. Sie sind für den Ackerbau ganz unbrauchbar. Die Dörfer find
sehr weitläufig angelegt. Im Donautal lagert guter Boden, der viel Ge-
treide liefert. — Im Maingebiet ist das Klima mild. Am untern Main
und in der Pfalz wird Wein gebaut. Die Bewohner (Franken) zeigen
hier mehr Kunstsinn und Gewerbfleiß als die der Bayrischen Hochebene.
Sie sind zum Teil evangelisch. — In ganz Bayern ist die Viehzucht bedeutend,
besonders in den Alpengegenden. Das Nationalgewerbe ist die Bierbrauerei.
Nürnberger Spielwaren und Berchtesgadener Schnitzereien in Holz und
Horn erfreuen sich eines Weltrufes. Der Handel ist lebhaft, besonders in
Nürnberg und Augsburg. In München, Erlangen, Würzburg sind Uni-
versitäten. Mehr als 3/4 der Bewohner bekennen sich zur römisch-katholischen
Kirche.
München, Hptst., an der Isar, 500000 E., mit herrlichen Bauwerken, Univers.,
viele Bierbrauereien. In der Nähe ist die Ruhmeshalle, in der die Büsten berühmter
Bayern aufbewahrt werden. Augsburg, am Lech, 90 000 E., bedeut. Hdlst. In ihr die
Fuggerei, d. i. eine Straße von 50 Häusern, in denen arme, rechtschaffene Leute uinsonst
Wohnung haben. Die Fuggerei hat ihren Namen von einem Augsburger Handelsherrn,
Fugger genannt, der so reich war, daß er an Kaiser Geld leihen konnte. In der Nähe
das Lechfeld, wo Otto I. 955 die Ungarn schlug. Ingolstadt, starke Festg. Regens-
burg. In der Nähe die Walhalla, ein Marmortempel mit den Bildsäulen berühmter
deutscher Männer. Passau, schön gelegen an der Mündung des Inn, durch eine Feste
geschützt. Würnöerg, a. d. Pegnitz, 260 000 E., erste Handels- und Fabrikstadt Bayerns.
„Nürnberger Tand geht durchs ganze Land." Nürnberg hat die altertümliche Bauart
großenteils treu bewahrt. An dein obern Stockwerk der Häuser sieht man viele zierliche
Erker und Ecktürmchen, am untern überdeckte Säulengänge, Lauben genannt. Die Häuser
schauen mit dem Giebel nach der Straße hin und sind mit kunstvollem Schnitzwerk geziert.
Auf einem Felsen in der Stadt ragt die kaiserliche Burg hervor, von welcher die Mark
Brandenburg ihre ersten Hohenzollern erhielt. Im 15. und 16. Jahrhundert lebten hier
Hans Sachs, Dürer, Bischer u. a. Fürth, gewerbreich. Erlangen, evang. Uni-
versität. Bayreuth, fabriktätig. Bamberg, bedeutende Gärtnereien. Würzburg,
Universität. Kissing en, Badeort. — In Rheinbayern liegen: Spei er und Kaisers-
lautern. Speier war eine Zeitlang Begräbnisplatz der deutschen Kaiser.
§ 61. Des Deutschen Reiches Merfassung. a. Der König von Preußen ist deut-
scher Erb-Kaiser. Seine Residenz ist Berlin. Er ist der Kriegsherr und oberste Führer
aller deutschen Armeen. Die Gesetze werden von dem Bundesrate und dem Reichstage
beraten und festgestellt, vom Kaiser, wenn er sie bestätigt, verkündigt. Der Bundesrat
besteht aus den Abgesandten der deutschen Regierungen. An der Spitze des Bundesrats
steht der Reichskanzler. Die Mitglieder des Reichstags wählt das Volk. Je 100 000 Einw.
wählen einen Abgeordneten für einen Zeitraum von 5 Jahren. Wahlberechtigt ist jebec
Deutsche nach vollendetem 25. Jahre. Die Wahl erfolgt unmittelbar durch Abgabe ge-
schlossener Stimmzettel. — Der Bundesrat und der Reichstag halten ihre Versammlungen
in Berlin ab. — b. Das Reich hat eine gemeinsame Kriegsmacht, welche unter dem
Kaiser steht. Sie zerfällt in das Landheer und in die Seemacht (Kriegsmarine). Das
Landheer besteht aus Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Pionieren und Train-Kolonnen.
Auch sind besondere Abteilungen zum Krankendienste, sowie für Eisenbahn-, Luftschiff-
fahrt- und Telegraphen-Verwaltung bestimmt. Zur Kavallerie gehört die leichte Reiterei
(Husaren und Dragoner) und die schwere Reiterei (Ulanen und Kürassiere); neuerdings ist
die gesamte Kavallerie mit Lanzen bewaffnet. Die Artillerie zerfällt in Festungs- und
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
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Extrahierte Ortsnamen: Schwaben_Riede Donautal Maingebiet Main Nürnberg Augsburg München Würzburg Ungarn Ingolstadt Walhalla Bayerns Nürnberg Bayreuth Bamberg Rheinbayern Berlin Berlin
I
Geschichte.
59
vierten Entdeckungsreise erlitt er Schiffbruch und gelangte erst nach langer Zeit und
mancherlei Not wieder nach Spanien. Krans und einsam ist er bald darauf gestorben,
bis an sein Lebensende fest überzeugt, Indien gefunden zu haben. Erst später
stellte es sich heraus, daß Kolumbus einen bisher unbekannten Erdteil, Rmerika,
entdeckt hatte.
e) Vasco da Gama findet den Seeweg nach Indien. Sechs Fahre danach
segelte der Portugiese Vasco da Gama um Rfrüa herum und fand endlich den See-
weg nach Indien. Durch diese Entdeckungen nahm der Weltverkehr allmählich andre
Wege. Die Portugiesen, die Spanier und besonders die Holländer •— später auch
die Engländer bemächtigen sich des Handels. Die deutschen Städte hatten den
Schaden davon, denn sie mutzten ihre waren nun von Lissabon und Rmsterdam beziehen.
Ruch die früher so einflutzreiche Hansa verlor nach und nach ihre wacht und ihr Rnsehen.
2. Dar Schießpulver. Die Kenntnis des Schießpulvers, dessen Erfindung man
fälschlich dem Mönche Berthold Schwarz aus Freiburg i. B. zugeschrieben hat, ist
von Ostasien her nach dem Rbendlande gedrungen. Zunächst schoß man nur aus
Kanonen große Steine und später auch eiserne Kugeln. Um das Jahr l400 fing
man an, Handfeuerwaffen herzustellen. Da diese aber sehr schwer waren, konnte sie
der Schütze beim Zielen nicht halten. Er legte sie deshalb auf eine Gabel, die er
immer mit sich führte. Dann schüttete er Pulver aus das Zündloch und hielt eine
glimmende Lunte daran. Bei Kegen wurde das Pulver naß und die Büchse unbrauch-
bar. Rm Ende des l6. Jahrhunderts kamen die Steinschloßgewehre auf. Bei ihnen
schlug ein Stück Feuerstein aus Stahl, so daß Funken sprühten, die das Pulver ent-
zündeten. Neben dem Feuergewehre blieb aber die Rrmbrust noch lange in Gebrauch.
Gegen die Feuerwaffen boten die Burgen und festen Städte, sowie die schweren Küstungen
der Kitter keinen rechten Schutz. Es trat infolgedessen allmählich eine große Ver-
änderung im Kriegswesen ein.
3. Die frommen Landsknechte. Die Kriege der Schweizer mit den Heeren der
Habsburger halten gezeigt, daß die schwer gepanzerten Kitter dem beweglichen Fußvolke
nicht gewachsen waren. Da es auch immer sehr lange Zeit dauerte, bis die Kaiser und
die großen Fürsten ihre Lehnsleute zu einem Kriege zusammenbrachten, fing man an, Fuß-
knechte zu mieten. So kamen die Söldnerheere der Landsknechte auf. Drohte ein Krieg, so be-
auftragte der Landesfürst einen erprobten Kriegsobersien mit der Rufstellung eines Heeres. Dieser
erwählte die Hauptleute und ließ die Werbetrommel in Städten und Dörfern rühren. Da
strömten aus allen Ländern verwegene Gesellen herzu, die meist schon früher um Sold gedient
hatten; aber auch zahlreiche Bauernsöhne und arme Edelleute nahmen Handgeld. Der monat-
liche Sold betrug etwa 20 Mark. Büchsenschützen und Leute, die mit Brust- und Kückenpanzer,
Rrm- und Beinschienen ausgerüstet waren, erhielten als ,,Doppelsöldner" höheren Lohn. Die
Offiziere wurden sehr hoch bezahlt. Ein bekannter Landsknechtführer war Georg von Frunds-
berg, den man „den Vater der Landsknechte" nannte. Die Kleidung besorgte sich jeder selbst.
Sie bestand aus einer Lederjacke mit geschlitzten Rrmeln, aus einer kurzen, weiten Hose, langen
Strümpfen und derben Schuhen. Der Kopf war mit einer Stahlhaube bedeckt. Rls Waffe diente ein
Spieß von 4-6m Länge und ein mächtiges zweihändiges Schwert. Man teilte die Landsknechte
in Gruppen von ungefähr 400 Mann ein, von denen 25 — 30 mit Büchsen versehen waren.
Jedes dieser „Fähnlein" hatte einen Hauptmann, einen Leutnant, einen Feldwebel und einen
Fähnrich, der ein kräftiger Mann sein mußte; denn die Fahne war gewaltig groß und schwer.
Ruch ein Trommler und ein Pfeifer gehörten dazu.
Ein wichtiges Rmt im Söldnerheere hatte der profoß, der Verräter und andre Ver-
brecher anklagte. Das Urteil sprachen die Landsknechte selbst, hatte der Rngeklagte den Tod
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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I
Geschichte.
117
gerühmt. Er ist auch sein Leben lang in
Wesen und Lebensweise einfach geblieben
und hat bis zum Tode durch eiserne pflicht-
treue seinem Volke ein leuchtendes Vorbild
gegeben, von Jugend an zeigte der Prinz
eine Vorliebe für den Soldatenstand und
erwarb sich bald eine gründliche Kennt-
nis des militärischen Dienstes. Im Jahre
1814 begleitete er seinen Vater in den
Krieg und zog zweimal mit in Paris ein.
Ms er älter geworden war, nahm er
in der Rrmee bald eine führende Stel-
lung ein. Im Jahre 1829 vermählte
er sich mit der geistvollen Prinzessin
Rugusta von Sachsen-Weimar. Die The
wurde mit zwei Kindern gesegnet, dem
nachmaligen Kronprinzen Friedrich Wil- Wilhelm I.
Helm und der Prinzessin Luise, die sich
später mit dem Großherzoge von Baden vermählte. — Rn der Spitze der preußischen
Truppen warf Prinz Wilhelm 1848 den in Baden ausgebrochenen Volksaufstand
nieder. (S. 114,4.) Ms Friedrich Wilhelm Iv. 1858 in Krankheit verfiel, übernahm
er unter dem Titel „Prinzregent" für ihn die Regierung und bestieg 1861 nach dem
Tode seines Bruders den preußischen Königsthron. Tr ließ sich mit seiner Gemahlin
in Königsberg feierlich krönen.
2. Verbesserung der Leerer. Wenn Preußen das alte Rnsehen, das es durch
den vertrag von Olmütz eingebüßt hatte, wiedererlangen wollte, so bedurfte es eines
starken Heeres. Seine erste Rufgabe erblickte König Wilhelm daher in der Verbesserung und
Vermehrung der Truppen, deren Zahl nicht mehr im rechten Verhältnisse zu der angewach-
senen Bevölkerung stand. Die Rnzahl der Regimenter wurde neröoppelt; die Fußtruppen
wurden mit dem Zündnadelgewehre bewaffnet; die Rrtillerie erhielt gezogene hinterlade-
kanonen. Um das Heer schneller kriegsbereit machen zu können, trennte der Kriegs-
minister von Roon, der den König in diesen Fragen beriet, die Landwehr von den
jüngeren Soldaten und bildete aus ihr besondere Truppenteile. Die dreijährige Dienst-
zeit wurde streng durchgeführt. — Bei diesen Plänen stieß der König aber auf den
Widerstand des Abgeordnetenhauses, das die dazu nötigen Geldmittel nicht bewilligen
wollte. Um diö schwierigen Verhandlungen mit der Volksvertretung zu führen, wurde
der bisherige Gesandte in Paris, Otto von Bismarck, vom Könige an die Spitze
der Regierung berufen.
- 3. (Dtto von Bismarck, geboren 1815 in Schönhausen, stammte aus einer Höelsfamitie der
Rltmark. Er besuchte in Berlin das Gymnasium zum grauen Kloster und studierte in Göttingen
und Berlin die Rechte. Dann trat er in den Staatsdienst, verließ diesen aber wieder und
bewirtschaftete seine väterlichen Güter an der Elbe. In der Heimat erwarb er sich bald ver-
trauen und wurde zum Deichhauptmann gewählt, dem die (Oberaufsicht über die schützenden
Elbdämme oblag. 1847 kam er als Abgeordneter in den Landtag, wo er mit großer Schärfe
die Rechte des Königs vertrat. Er wurde deshalb auch von Friedrich Wilhelm Iv. zum Ge-
sandten beim Bundestage in Frankfurt ernannt. Dort erkannte Bismarck, daß eine Einigung
des deutschen Vaterlandes nie möglich sein werde, solange beide Großmächte, Österreich und
Zranke-Schmeil, Realienbuch Ausg. A. tz Geschichte. 2. stufl. 8
Wilhelm I.
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Extrahierte Personennamen: Rugusta Friedrich Wilhelm_I. Luise Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm Roon Otto_von_Bismarck Otto Dtto_von_Bismarck Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Bismarck Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Paris Rrmee Sachsen-Weimar Baden Baden Königsberg Paris Schönhausen Berlin Göttingen Berlin Frankfurt
132
Geschichte.
I
wald hat der große, eiserne Kanzler, „der getreue Eckart" des deutschen Volkes, nicht
wieder verlassen. In Friedrichsruh schloß er am 30. Juli 1898 die Rügen zur ewigen
Ruhe. Sein Grabmal trägt die von ihm selbst bestimmte Inschrift: „Fürst v. Bismarck,
ein treuer, deutscher Diener Kaiser Wilhelms I".
5. Heer und Flotte. Unermüdliche Urbeit verwendet Kaiser Wilhelm darauf,
das Heer schlagfertig zu erhalten. Der wachsenden volkszahl entsprechend, ist es ver-
mehrt worden und zählt jetzt in Friedenszeiten über eine halbe Million Soldaten. Da
die Dienstzeit bei den meisten Waffengattungen auf zwei Iahre herabgesetzt ist, muß mit
erhöhtem Eifer an der Ausbildung der Soldaten gearbeitet werden. — Sodann hat sich
Kaiser Wilhelm die besondere Aufgabe gestellt, eine achtunggebietende Flotte zu schaffen.
Torpedoboot und Panzerschiff.
Das deutsche Gewerbe hat sich gewaltig entwickelt. Millionen von Urbeitern stellen nur
waren her, die nach dem Auslande verkauft werden, so daß Deutschland eine welt-
handelsmacht geworden ist. „Deutschlands Zukunft liegt auf dem Wasser!" Um den Absatz
der Handelserzeugnisse in überseeischen Ländern zu sichern und die Machtstellung des
Reiches zu erhalten, ist dem deutschen Volke eine Flotte „bitter not". Der im Iahre 1895
fertiggestellte Kaiser Wilhelms-Kanal ermöglicht eine schnelle, ungehinderte Vereinigung
der Nordsee- und Gstseegeschwader. Admiral Prinz Heinrich, der Bruder des Kaisers, ist
von Iugend auf für den Seemannsberuf erzogen und nimmt in der Kriegsflotte dre höchste
Stellung ein; ein Sohn des Kaisers, Prinz Adalbert, gehört ebenfalls der Marine an.
6. Die Kämpfe in China. Heer und Flotte haben auch in den letzten Iahren
ihre Tüchtigkeit beweisen müssen. In Peking, der Hauptstadt Chinas, wurde 1900 der
deutsche Gesandte meuchlerisch ermordet, und chinesische Soldaten schlossen die europäischen
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms_I" Wilhelms Wilhelm Wilhelm Admiral_Prinz_Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichsruh Friedenszeiten Deutschland Nordsee- China Peking Chinas
90
Geschichte.
Große Kurfürst hatte seinen Nachkommen eingeschärft, beim Nussterben der Habsburger An-
spruch auf die schlesischen Herzogtümer zu erheben. Maria Theresia aber nahm mutig den
Kampf um ihr Erbe und die Kaiserkrone auf.
5. Der Erste Schlesische Krieg. Friedrich bot Maria Theresia an, ihr gegen
ihre Feinde zu helfen und die Wahl ihres Gemahls zum Kaiser zu unterstützen, wenn
sie ihm Schlesien überließe. Sie lehnte jedoch das Ansinnen des Königs ab, das nach ihrer
Meinung unerhört war. Da überschritt dieser schnell entschlossen mit 20 000 Mann die
österreichische Grenze und nahm in kurzer Zeit den größten Teil Schlesiens, wo nur
geringe kaiserliche Besatzungen standen, in Besitz. Im Jahre 1741 kam es zwischen
Österreichern und Preußen zu der Schlacht bei Mollwitz. Gleich zu Knfang warf
die österreichische Keiterei die preußische völlig über den Haufen. Sodann aber zeigte
sich die Überlegenheit des preußischen Fußvolks. Unerschütterlich hielt es den feindlichen
Ueitern stand, ging hierauf unter dem Oberbefehl des Generals Grafen Schwerin wie
eine „lebende Mauer" in schnurgeraden Linien enggeschlossen auf den Feind los und
schlug ihn gänzlich in die Flucht. — 3m folgenden Jahre besiegte Friedrich die Österreicher
nochmals. Da schloß Maria Theresia, die von ihren andern Feinden hart bedrängt war,
mit ihm den Frieden zu Breslau, in dem sie Schlesien mit der Grafschaft Glatz an
Preußen abtrat. (Karte!) — Friedrich richtete in der neuerworbenen Provinz sogleich
preußische Verwaltung ein, hob Truppen aus und baute Festungen. Außerdem ver-
besserte er seine Keiterei und sammelte einen Kriegsschatz; denn er wußte wohl, daß
Maria Theresia versuchen würde, Schlesien zurückzuerobern.
6. Der Zweite Schlesische Urieg. Nach dem Frieden von Breslau hatte sich
Maria Theresias Lage erheblich gebessert. Der Kurfürst von Bayern, der als Karl Vii.
deutscher Kaiser geworden war, wurde von ihr aus seinem Lande vertrieben. Dann
richtete sie ihr Augenmerk auf die Wiedererwerbung Schlesiens, „der perle in der Krone
des Hauses Österreich", und schloß mit dem Kurfürsten von Sachsen zu diesem Zwecke
ein Bündnis. Da zog Friedrich zum zweiten Male das Schwert und rückte in Böhmen
ein. Bei hohenfriedberg (1745) fiel er unvermutet über die vereinigten Österreicher
und Sachsen her und erfocht einen herrlichen Sieg. Die preußische Keiterei tat sich hier
glänzend hervor. Die Bayreuth-Dragoner überritten 18 feindliche Bataillone und
eroberten 66 Fahnen. Koch in demselben Jahre schlug Leopold von Anhalt-Dessau die
sächsischen Truppen bei Kesselsdorf. Bald darauf wurde in Dresden der Friede ge-
schlossen (1745). Friedrich blieb im Besitz von Schlesien, erkannte aber Maria Theresias
Gemahl Franz als Kaiser an. — Durch die beiden ersten Schlesischen Kriege war Preußens
Macht so gestiegen, daß es im deutschen Keiche ebenbürtig neben Österreich trat; zugleich
war es eine Großmacht geworden, deren Stimme im Kate der Völker Europas gehört
werden mußte. Den jungen Preußenkönig aber nannte man „Friedrich den Großen".
7. Zehn Jahre Friedenzzeit. In der nun folgenden Friedenszeit war der König
eifrig für das wohl des Landes tätig. Das Heer vermehrte er auf 140 000 Mann und führte
zur Ausbildung der Truppen alljährliche große Herbstübungen (Manöver) ein. Er sammelte
auch einen Kriegsschatz von 14 Millionen Talern. — Erholung fand Friedrich in der
Beschäftigung mit Kunst und Wissenschaft. Kuf einer Anhöhe bei Potsdam ließ er nach
selbstentworfenen Plänen das Lustschloß Sanssouci (Ohne Sorge) errichten und ver-
sammelte dort einen Kreis gelehrter Männer um sich. Der König schmückte sein Schloß
mit herrlichen Gemälden und mit auserlesenen Werken der Bildhauerei. Eifrig pflegte er
die Musik und spielte selbst bei den abendlichen Konzerten meisterlich die Flöte. In Berlin
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Maria_Theresias Maria Theresias Karl_Vii Karl Friedrich Friedrich Koch Leopold_von_Anhalt-Dessau Leopold Friedrich Friedrich Maria_Theresias
Gemahl_Franz Maria Theresias Franz Friedrich Friedrich
60
Geschichte.
I
verdient, so wurde er zwischen die Knechte getrieben, die sich in zwei Reihen aufgestellt hatten,
und von ihnen mit den Spießen niedergestoßen, vor dem Kampfe knieten die Landsknechte nieder
zum Gebet (..fromme Landsknechte"),' dann warf jeder eine Handvoll Erde hinter sich zum
Zeichen, daß er mit dem Leben abgeschlossen hatte, voran rückte der „verlorene Haufen",
der den Rngriff eröffnete; darauf folgte die im Viereck aufgestellte Hauptmasse des Heeres in
wuchtigem Schritt. — Ein Landsknechthaufe wurde von einer großen Zahl von Weibern und"
Kindern, dem „Troß", begleitet. Ruf l000 Kämpfer rechnete man 3000 Troßleute. Das Leben
der Landsknechte war roh und zügellos. Trunk, Würfelspiel und gotteslästerliches Fluchen waren
etwas Alltägliches. Die Bauern wurden von ihnen oft furchtbar gebrandfchatzt, besonders wenn
der Sold nicht pünktlich bezahlt worden war. wurde ein Heer entlassen, dann streiften die
herrenlosen Knechte zum Schrecken des schutzlosen Landvolkes raubend und mordend umher. —
Später warb man auch Reiter an; sie bildeten gewöhnlich Kompanien von 100 Pferden. Da die
Unterhaltung eines Söldnerheeres sehr teuer war, konnten nur mächtige Fürsten Landsknechte
anwerben. Sie zwangen mit ihnen aufrührerische Ritter und Städte zum Gehorsam, so daß
die Macht der Fürsten bedeutend stieg.
4. Das Reichsheer. Reben den Söldnerheeren bestand noch das Reichsheer. Es
setzte sich aus Rittern mit ihren Knechten und aus dem Rufgebote der Städte zusamnien.
Später mußte jeder Reichsstand, d. h. jeder Landesherr und jede Reichsstadt, zu ihm nach der
Größe seines Gebietes Reiter und Fußvolk senden. So stellten z. B. zu den 1300 Reitern
und 2700 Fußknechten, die der schwäbische Kreis aufzubringen hatte, 93 verschiedene Landes-
herren ihre Mannen. Mit solchen zusammengewürfelten Kriegern konnte man natürlich
nur wenig ausrichten. Daher wurde das deutsche Reichsheer nach und nach zum Gespött der
ganzen Welt.
5. Erfindung des Buchdrucks. Die Buchdruckerkunst ist aus der Holzschneidekunst
hervorgegangen. Schon seit längerer Zeit schnitt man Bilder auf einer Holzplatte aus und
druckte sie dann beliebig oft ab. Später gab man den Bildern lange Unterschriften und
stellte mehrere zu kleinen Büchern zusammen. Freilich konnte man die mühsam ge-
schnitzten holztafeln nicht weiter verwenden. Da kam Johann Gutenberg aus
Mainz auf den Gedanken, die Schriftzeichen einzeln herzustellen, so daß man sie beliebig
zusammensetzen und wieder auseinandernehmen konnte. Er schnitt sie erst in Stäbchen
aus Buchenholz (Buchstaben); später goß er sie aus Metall. In Gemeinschaft mit
dem reichen Goldschmiede Johann Fust und dessen Schwiegersöhne, dem Bücher-
abschreiber Peter Schösser, errichtete er in Mainz die erste Buchdruckerei. Da seine
Geschäftsteilnehmer aber sehr eigennützig waren, geriet Gutenberg in Schulden und
mußte Mainz verlassen. Er ist in Urmut gestorben. Das erste gedruckte Buch war
eine lateinische Bibel (1456); fünf Jahre später erschien das erste in deutscher Sprache-
gedruckte Buch. Durch die Buchdruckerkunst, die sich von Mainz aus bald weiter-
verbreitete, wurden die Bücher erheblich billiger. Blätter mit Neuigkeiten ließen sich
schnell in großer Zahl Herstellen. Dadurch wurde die Fertigkeit des Lesens und der
Drang nach Bildung unter dem Volke allgemeiner.
6. Erneuerung der Wissenschaft. Nus geistigem Gebiete vollzog sich am
Ende des Mittelalters eine große Umwälzung. Bis 1453 Nonstantinopel von dem
Türken erobert worden war (S. 57, 5), flohen viele griechische Gelehrte nach dem
Abendlands. Sie brachten die Kenntnis der griechischen und hebräischen Sprache
mit und regten zur Beschäftigung mit den Schriften der alten griechischen Denker und
Dichter an. Seitdem begannen die Gelehrten des Abendlandes, die heilige Schrift,
die ursprünglich in griechischer und hebräischer Sprache versaßt war, wieder in der
Ursprache zu lesen.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Johann_Gutenberg Johann Johann_Fust Johann Peter_Schösser Gutenberg